schulRAUMkultur

Warm anziehen reicht nicht

Schulraumkultur lässt sich mit der Qualität der gebauten Welten, in denen Schule stattfindet, und mit der Qualität, wie es dazu kommt, umschreiben. Dass an beidem, also dem Weg und dem Ziel, Veränderungen not-wendig sind, bestreiten weder ExpertInnen, noch die Verwaltung noch die Schulpartner. Wir leben in einem Jahrzehnt der Umbrüche und Neuanfänge. Dennoch haben wir es nach wie vor nur mit Pilotprojekten zu tun. Bis heute ist es weder den Ländern und noch dem Bund in Österreich gelungen, neues Wissen systematisch und nachhaltig  in die Praxis der Schul- und Bauverwaltung zu implementieren. Nach wie vor sind unsere Vorschriften und Normen in ihrer Art zu eng vorschreibend, in den Inhalten nach Disziplinen und Sektoren zu stark getrennt und in den Verfahren zu wenig offenen angelegt. Und weil Neu/Um/Weiterbauen von Schulen mittlerweile als hochkomplexer Vorgang sehr vielen Verfahrensregeln und Richtlinien aus den Bereichen Finanzierung, Verwaltung, Vergabe, Sicherheit, Planung, Technik und Schulorganisation unterliegt, sind die handelnden Akteure in den Systemen auch persönlich sehr gefordert, Gewohntes und Althergebrachtes in den Strukturen wie im Denken zu überwinden. Drei Beispiele für mittlerweilen typische strukturell manifeste Blockaden:

Erstens das Denken in säuberlich getrennte Budgets. Beispielsweise behindert das Abgrenzen von Baubudget und Möbelbudget zu oft das angemessene Agieren im konkreten örtlichen und sozialen Kontext. Neuere pädagogische Praxen in alten Mauern zu ermöglichen, kann ein höheres Investment im Möbelbereich bedeuten als bisher üblich, schlicht weil sich in Zukunft die räumlichen Lernarrangements schneller und öfter verändern werden und damit die Möbel mehr können müssen. Auch die Art des Förderns von Schulbauten durch unterschiedlich zuständige Landesabteilungen kann behindern, vor allem dann, wenn nicht miteinander sondern gegeneinander und damit schnell zum Un-Wohl der Betroffenen agiert wird.

Zweitens der Fokus der Projektentstehung. Im Bereich der Finanzierung und Förderzusage wird zwar nach dem Prinzip größtmöglicher Verteilung das Niveau nach unten über überaltert formulierte Flächenerfordernisse gesichert, aber es fehlt der Mut zu systematisch verankerten und fordernden Förderungen als Ermöglichungsstrategie für mehr. Mit einer niederschwelliger Informationsstrategie, die für große wie vor allem für kleinere ›Kunden‹ (also Schulen beziehungsweise Gemeinden) das Niveau des spezifischen Wissens bewusst anheben hilft, müsste der Zugang zum entstehenden Projekt vielmehr ein einbindendes aber führendes Fördern als ein bestimmendes aber defensives Verteilen sein.

Schließlich drittens die Monokultur der Projektentstehung. In einem meist sehr intransparenten Milieu von politischen Kriterien bleiben als einziger sachlicher Nenner meist die Zahlen: Baukosten als zentrale Dimension der Berechnung lassen sich dann auch noch im Namen des Klimaschutzes erhöhen (Wärmedämmung lässt sich nämlich berechnen und damit politisch verkaufen), aber Argumente, die auf langfristige, örtliche, dezentrale und mittelbare soziale Wertschöpfung angelegt sind, bleiben angesichts ihrer Komplexität und ihrer mitunter kurzfristen Ergebnislosigkeit schnell auf der Strecke. Für etwas einzustehen, dass sich vielleicht erst später beweisen wird, würde einen neue Kultur voraussetzen: weg von der Tages-Politik hin zur Vierteljahrhundert-Politik. Politik müsste sich – ähnlich dem jahrgangsübergreifenden Lernen, das die Geisel der angenommenen Leistungsgleichheit überwinden wird – zu einem legislaturperiodenübergreifenden Führen, das die Geisel der nächsten Wahl nicht im Fokus hat, entwickeln.

Die entscheidenden Veränderungen liegen daher vorerst und vor allem in den handelnden Personen, die kraft ihrer persönlichen Reife (Einsicht, Akzeptanz, Mut, Durchhaltevermögen) Institutionen mit verändern und damit auch die Welt verbessern helfen. Für Kommunen schlage ich dazu in einer jüngst erschienenen Publikation drei Handlungs-Empfehlungen vor: zusammenführen, einbinden und querfinanzieren. Meine Gedanken wurden in der ›Österreichischen Gemeindezeitung‹ des Städtebunds in der Doppelausgabe 12/2014 und 01/2015 veröffentlicht. Den Schwerpunkt dieser Nummer bildet das Thema Bildung, das richtigerweise »zunehmend zu einem kommunalen Thema« wird. Sie können den Artikel auch direkt beim Städtebund unter www.staedtebund.gv.at/oegz nachsehen. Auf alle Fälle bitte ich Sie – in der Verwaltung – um ein aufrichtiges Ernstnehmen meiner Empfehlungen. Es ist einfach, alles wegzuwischen und abzutun. Werden Sie zu einem (Mit)Grund für Entwicklung. Wo immer Sie können, ermöglichen Sie etwas Inhaltliches, etwas Tiefgreifendes. Zum Beispiel das innerliche Umbauen statt das äußerliche Dämmen. Der Dank aus der Zukunft ist Ihnen gewiss.

Warm anziehen reicht nicht